Gerettete Hausmadonnen

Seit Beginn unseres Projektes Hausmadonnen und Hausheiligen können schon einige Erfolge vorgewiesen werden. Die folgenden Figuren / Reliefs konnten bereits gerettet werden:

Hausmadonna, Kirchgasse 26
Die altaugsburggesellschaft hat die leere Wandnische in der Kirchgasse 26, die seit Jahren verwaist ist, mit einer Kopie der Originalfigur füllen können!
Zwar ist die originale Hausmadonna noch vorhanden, doch sollte deren Originalsubstanz laut Expertenmeinung nicht durch eine Aufstellung im Freien beschädigt werden. Die Figur ist ein schönes Beispiel einer Hausmadonna aus dem frühen 18. Jahrhundert. Die altaugsburggesellschaft hat sich daher eingesetzt, das Original zu schützen und eine adäquate Kopie anfertigen zu lassen, um die Nische wieder zu bestücken und die historische Gestalt der Fassade wieder zu kompletieren. 
Dargestellt ist die auf einer Wolke stehende, mit Kleid und Mantel bekleidete Maria, die auf ihrem leicht vorgestellten und angewinkelten rechten Bein das nackte Jesuskind hält. Dieses ist gemäß der gewünschten Untersicht weit vornübergekippt, d.h. Maria hielt das Kind ursprünglich dem unten auf der Straße stehenden Betrachter ostentativ entgegen. Es ist dies eine direkt für die Aufgabe als Hausmadonna angelegte Haltung und daher in der Typenfolge Augsburger Hausmadonnen (Immaculata, Verkündigungsmadonna, Madonna vom Siege etc.) besonders interessant. Der unbekannte Bildhauer hat die kindlich-spielerische Haltung des Kindes überzeugend umgesetzt und dessen nacktes Kindsein dem breit ausladenden Gewand Marias vorgelagert.
Es ist anzunehmen, dass die Madonna ursprünglich einen Nimbus hatte oder eine Krone auf dem Kopf trug.

Maria Immaculata, Karolinenstraße 15
Die Holzskulptur der Maria Immaculata auf der Mondsichel wurde im 18. Jahrhundert ganz im Zeichen des Barock von einem unbekannten Bildhauer geschaffen. Sie zierte lange Zeit die Fassade der Karolinenstraße 15, einem traufseitigen Bürgerhaus, dessen Kern im 16. Jahrhundert entstand und um 1800 mit klassizistischem Stuckdekor neu gestaltet wurde. Ein umfassender Umbau 1912 gab dem Gebäude seine heutige Gestalt. 
Die Skulptur ist als Immaculata ohne Kind dargestellt, ihr rechter Fuß tritt auf die Schlange, über ihrem Gewand in roter Lüsterfassung trägt sie einen goldenen Schultermantel. Über das lange Haar ist ein Schleier mit Rosenblüten gebunden, beide Hände sind vor der Brust gefaltet. 
Im Zuge einer Sanierung der Hausfassade 1984/85 wurde die originale Madonnenfigur durch eine Gussstein-Kopie ersetzt, die bis heute den Giebel des Hauses in der Karolinenstraße 15 ziert.
Nur wenige Zeit nach der Veröffentlichung des Buches „Hausmadonnen in Augsburg“ durch die altaugsburggesellschaft und der gleichnamigen Ausstellung des Maximilianmuseums im Frühjahr 2013 fand sich die originale Hausheilige von der Karolinenstraße 15 im Kunsthandel wieder.
Die Rettung in letzter Minute gelang! 
Die Firmengruppe der MONUMENT Augsburg GmbH & Co. KG, mit Ihren Vertretern Frau Dr. Claudia Schmidt und Herrn Joachim Dietrich erklärte sich bereit, sich während der Auktion für die Madonna stark zu machen und das Kunstwerk schließlich für die zur Verfügungstellung an die altaugsburggesellschaft und der musealen Sicherung zu erwerben.
Ihrer Bedeutung entsprechend findet die Skulptur eine neue Heimat in der Studiensammlung der Dözese Augsburg.

Hausmadonna,  Am Eser 17
Der altaugsburggesellschaft ist es erneut gelungen, eine Nische in der Altstadt mit einer Hausmadonna zu besetzen. Von besonderem Interesse ist, dass diese zum Anwesen „Am Eser 17“ gehört, dem zweitältestes Stadthaus Augsburgs, dessen Kern aus dem 15. Jahrhundert stammt. Die Nische war bis zu einer Sanierung verwaist und wurde im Zug der Fassadenrenovierung 1996/97 mit einer ungarischen Kriegerfigur gefüllt. Nun gelang es der altaugsburggesellschaft durch ihre Vorsitzende Anne Voit die Originalfigur aufzuspüren. Diese ist im Besitz der WBG Wohnungsbaugesellschaft, welche uns gestattete, einen Abguss in Kunststein vorzunehmen, den Herr Schwender – Stuckbilderhauer und Restaurator – realisierte. Der Diakonieverein Eserwall e.V. als Eigentümer des Hauses wiederum erlaubte uns, den Krieger aus der Nische zu holen und durch die passendere ursprüngliche Hausmadonna zu ersetzen. 
Bei der Madonna handelt es sich um eine Marienfigur mit Lilie, welche Marias Reinheit und Keuschheit symbolisiert. Die Figur ist im typischen Mariengewand (blauer Mantel, rotes Kleid) gekleidet.

Marienmedaillon, Georgenstraße 1
Sehr selten sind in Augsburg Hausmadonnen in Form von zumeist auf Eisentafeln gemalten Medaillons und nur drei Beispiele haben sich erhalten. Das hier zu sehende Marienmedallion stammte ursprünglich vom Vorgängergebäude der heutigen Georgenstraße 1. Die Eisenblechtafel wurde im Krieg von der Hausfassade entfernt und konnte so vor Beschädigungen bewahrt werden. Die Malerei zeigt den Typus „Maria vom Trost“, der sich durch eine ikonenhaft sitzende Maria auszeichnet, die das Jesuskind auf ihrem rechten Knie hält. Das Medaillon ist auf das Jahr 1878 datiert. Die altaugsburggesellschaft finanzierte die Restaurierung dieser Rarität, die sich nun im Besitz der städtischen Kunstsammlungen und Museen befindet.

Maria mit Kind, Georgenstraße 43
Unter den hoch- und spätbarocken Augsburger Hausmadonnen ist diese Madonna die künstlerisch gewagteste. Das Wagnis beginnt bereits bei der Ecknische: Die schmale Nische in gotischer Form ist zu eng für die weit ausschwingenden Mantelschöße der Maria. Kurzerhand wurde die Nische an allen Seiten erweitert, vertieft und gehöhlt. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Figur nicht ursprünglich für das einfache Handwerkerhaus mit Ladengeschäft bestimmt war, sondern hierher gerettet wurde, als sie an einer nobleren Adresse unmodern geworden war. Der Stilwandel von den exaltierten Formen des Augsburger Rokoko um 1750 tritt bereits wenige Jahrzehnte  später ein, als der „Augsburger Geschmack“, der kurz vorher europaweit noch als Gütezeichen für Kunst und -handwerk des verfeinerten Rokokos stand, zu einem Spottbegriff für die Auswüchse einer künstlich ververzärtelten und überfrachteten Kunst geworden war.  Die Hausmadonna zeichnet sich durch die extrem gelängten Formen, ihr bewegtes Gewand, das teils körpernah, teils ornamental durchweht die Silhouette bildet. Die gezierte Haltung von Kopf und Händen verweist auf eine bildhauerische Artistik, die dem bürgerlichen Geschmack in Augsburg entsprach. Eine Besonderheit der Figur ist das freibewegliche Kind. Historische Fotografien belegen, dass es sich nicht um das originale Jesuskind handeln kann. Zudem fällt auf, dass die Marienfigur auch als Immaculata, also ohne Kind, eine gute Figur macht. Das Kind könnte demnach eine spätere Uminterpretation sein. Die altaugsburggesellschaft initierte die Restaurierung der Figur, die nun wieder an ihrem alten Platz in der Georgenstraße 43 steht.

Maria Immaculata, Haunstetter Straße 27
Das 2011 abgerissene Anwesen Haunstetterstraße 27, von dessen Fassade das Marienmedaillon stammt, liegt weit vor dem Roten Tor, also außerhalb der Altstadt. Es handelte sich um das historische Anwesen des Stadtzieglers, dem sich ein Bierausschank für die durstigen Fuhrleute anschloss, der bis 1950 als „Gastwirtschaft zum Stadtziegler“ existierte. Das Marienmedaillon über dem Eingang der Gaststube gehört zu den qualitätsvollsten Beispielen dieser Gruppe aus dem späten 18. Jhd. und kann stilistisch mit Werken des Hofbildhauers Ignaz Ingerl in Verbindung gebracht werden. Die altaugsburggesellschaft rettet das Medaillon vor dem Abriss des Gebäudes und übergab es als Dauerleihgabe an das Maximilianmuseum.

Maria Immaculata, Kohlergasse 16
Ein glücklicher Umstand ermöglicht es in diesem Fall, etwas Licht ins Dunkel der Autorenschaft vieler Augsburger Hausmadonnen zu bringen. Keine der barocken Figuren ist namentlich gezeichnet, zu keiner ließen sich direkte Aktenvermerke zu Auftraggebern und Bildhauern zu finden. Nur in den wenigsten Fällen klären die Besitzverhältnisse eines Hauses auch die Autorschaft der Figur. Das Anwesen in der Kohlergasse 16 wurde 1717 vom Bildhauer Andreas Hainz erworben und von ihm und seiner Familie bis 1753 bewohnt. Hainz war als ausgebildeter Stuckateur bereits 1696 aus Imst in Tirol nach Augsburg gezogen. Es dauerte jedoch fast 20 Jahre bis ihm die strengen Zunftregeln der Stadt das Bürger- und Meisterrecht gewährten und damit die Möglichkeit zur Heirat und Gründung eines eigenen Hausstands. Zwei Jahre später erwarb er für seine Familie das Haus und richtet dort auch seine Bildhauer-und Stuckateurswerkstatt ein. Selbstverständlich dürfte sein, dass er seinen Handwerker- und Künstlerstolz dadurch dokumentierte, dass er die bereits bestehende Nische des Hauses mit einer eigenen Marienfigur schmückte. So können wir die Maria Immaculata ihm zuschreiben und nach 1717 datieren. In der Folge lassen sich weitere qualitätvolle Marienfiguren Hainz zuweisen (Predigerberg 10). Hainz, ein Zeitgenossse von Ehrgott Berhard Bendel, erreichte nicht ganz dessen bildhauerische Meisterschaft, erwies sich doch als eigenständiger, zupackender Bildschnitzer. Sein Hauptwerk ist eine Gruppe großer Engelsfiguren in der Dorfkirche von Anhausen.
Um die originale Eichenholzskulptur (um 1720) zu schützen, ließ die altaugsburggesellschaft in Zusammenarbeit mit der Diözese Augsburg eine detailgetreue Eichenholzkopie vom Bildhauer Friedrich Brenner fertigen und zur Komplettierung der Fassade in die Hausnische stellen. Die Originalfigur befindet sich heute in der Studiensammlung des Kunstreferats der Diözese Augsburg.